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Leitartikel von Siegfried Korzonnek

Während Josefs ältere zehn Brüder fleißig ihrer Arbeit nachgehen, sitzt Josef als Liebling des Vaters zu Hause. Dazu hat dieser Knabe in den Augen der anderen Geschwister auch noch ein weiteres großes Problem: Der „Träumer“ träumt etwas, das die Zukunft betreffen würde. Und sein Traum sagt etwas Ungeheuerliches: Sie alle würden sich einst vor ihm verbeugen (vgl. 1. Mose 37ff).

Josef sieht etwas, was irgendwann einmal geschehen würde. Wann genau – das weiß er selbst nicht. Doch es ist in seinem Geist so unauslöschlich eingebrannt, dass er es eines Tages herausposaunt. In der Meinung, dass die Brüder es verstehen würden.

Solche Leute – innovative Menschen – „Tagträumer“ nenne ich sie – kommen in dieser Welt zu etwas. Sie bewegen etwas oder sogar viel. In der Wirtschaft sind das hochbegehrte und sehr hochbezahlte Leute. Als Firmenchef würde ich diesem Mann mein allerbestes Büro und freien Lauf geben. – Und im Reich Gottes?

Die Kinder des Reiches Gottes sind oft nicht so schlau wie die Kinder der Welt. Das zeigen die meisten Brüder von Josef. Anstatt zu erkennen, was in diesem Knaben womöglich drinsteckt, kommen die Brüder zu dem Ergebnis: So kann das nicht weitergehen! Wir müssen etwas unternehmen!! Er muss aus unserer Mitte!!!

Josefs Karriere beginnt gerade an dem Punkt, als man ihn hinauswirft.

Meinen die Brüder nun, ihren Bruder losgeworden zu sein, so hindert das Gott jedoch in keiner Weise, SEIN göttliches Vorhaben weiterhin durchzuführen. SEINE Hand liegt von nun an in besonderer Weise auf dem von den Brüdern Verstoßenen. ER stellt diesen hervorragenden Mann unter SEINE göttliche Leitung und unter SEINEN göttlichen Schutz.

Seine Brüder hat er verloren, aber Gott gewonnen!

Was Gott ihm zeigt, kann von nun an nicht mehr durch seine neidischen Familienangehörigen vereitelt werden. Ist ein Traum nicht nur ein Wunschdenken, sondern Gottes Plan, dann wird dieser trotz aller Widerstände zur Ausführung kommen!

Während die grobschlächtigen, unsensiblen Brüder sich damit begnügen, wie immer den gleichen alltäglichen Beschäftigungen nachzugehen, ist Gott in fernen Landen dabei, diesen hochbegabten und hochsensiblen Mann in höchstem Maße zu segnen und aus ihm einen großen Mann Gottes zu machen, der zum Retter der Heiden und seines eigenen Stammes werden soll.

Die Jahre vergehen. Nichts ist sichtbar. Das Gegenteil scheint sich abzuspielen. In dieser Zeit will Josef die liebliche Gegenwart Gottes, die Schönheit des Heiligen Geistes, nicht um ein Linsengericht verspielen. In allerschwersten Prüfungen schreit er zu sich selbst und zu Gott: „Sollte ich etwa …“ Es gibt den Weg der Bewährung – den geht Josef. König David geht den Weg der Vergebung. Beides sind Wege, die Gott seinen Heiligen gewährt. Es ist das Doppelpaar der Gnade, durch das Gott uns höher und höher zu sich hinaufzieht.

Die Zehn, die zu Hause bleiben, werden nicht zum Segen. Der Verstoßene wird zum Licht der Welt.

Während es noch einige Zeit dauern soll, bis das geschehen würde, was Gott Josef im Traum gezeigt hat, dient Josef IHM mit den gegebenen Möglichkeiten. Für alle, die jetzt zu ihm kommen und ihn darum bitten, das Brot (des Lebens) zu empfangen, wird Josef zum Retter.

In Ägypten werden ihm zwei Söhne geboren. Und hören wir genau hin, wie er diese beiden Söhne nun nennt: Seinen Erstgeborenen nennt er Manasse, was übersetzt heißt:

„Er hat mich vergessen lassen all mein Unglück und mein ganzes Haus“ (1. Mose 41,51).

Den anderen nennt er Ephraim, was übersetzt heißt: „Gott hat mich wachsen lassen in dem Lande meines Elends“ (1. Mose 41,52).

In fremdem Lande kann Josef traumatische Erfahrungen loslassen. Und frei werden für das, was Gott – schon immer! – wollte.

Was Josef verheißen wird – was er immer vor sich sieht und doch nicht recht einordnen kann – das erfüllt sich in überwältigender Weise. Erst nach langer Zeit. Aber genau so, wie Gott es ihm einst gezeigt hat.

Siegfried Korzonnek
Missionsleiter [Echo, August – September 2019]