Leitartikel von Siegfried Korzonnek
Der unvollendete Auftrag
„Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker […] Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ – Matthäus 28,19a.20b
Als Jesus Christus auf der Erde Seine letzten Worte an Seine Jünger weitergab, sagte Er: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker [...] Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28,19a.20b). Und Paulus sagte: „Gott [...] will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Timotheus 2,4).
Diese Worte wurden vor 2000 Jahren gesagt und niedergeschrieben! Was hatte sich Jesus wohl dabei gedacht, als Er diesen letzten Befehl gab? Was dachte wohl Paulus, als er diese Worte aufschrieb?! Wie lange würde es dauern, bis dieser Auftrag erfüllt sein würde?
Stell dir nun Jesus 2000 Jahre später vor. Was sieht Er, wenn Er vom Himmel auf diese Erde schaut?! Und was mag Paulus denken, der die Wiederkunft seines Herrn schon bald erwartete? 80 Christen-Generationen sind geboren und gestorben, seitdem dieser Befehl Jesu ergangen ist. Nicht nur die Erde, sondern gleichsam alle Sterne des Himmels hätten in dieser Zeit mit dem Evangelium erfüllt sein können. „Wie viele Generationen müssen wohl noch hinzukommen?“, schreit Paulus vielleicht aus dem Paradies zu uns.
Tränen der Verwunderung fallen vom Himmel in Jesu Gemeinde – Jesu und Paulus' Tränen. Denn was sieht Er, der befahl?! Was sieht der, der hoffte?! Er sieht – ja, beide sehen – dass wir schöne Häuser gebaut haben. Und schöne Lieder gedichtet … und 60 Theologien erschaffen, und 10.000 andere Dinge. „Schöne Dinge" haben wir gemacht, dass wir sie nicht missen wollen und um derentwillen wir nicht gewillt sind, sie zu verlassen und zu denen zu gehen, die außerhalb unserer errichteten Mauern leben, die uns scheiden von denen, zu denen Jesus uns gesandt hat.
Was wäre wohl geschehen … wenn alle Nachfolger Jesu Seinem Wort gehorsam geworden wären! – Wir hätten uns nicht in 1000 Dinge treiben lassen. Wir wären so sehr mit dem Auftrag Jesu beschäftigt gewesen, dass wir keine Zeit gehabt hätten für 100.000 Meinungen und ungezählte Streitereien. Denn für diese unnützen Dinge hat Gott uns nicht Seine Kraft verheißen. Für dieses hat Er nicht gesagt: „Ich bin bei euch ...“
Als die Zeit verging, als die Jahrhunderte ins Land gingen, fingen einige an zu reden: „Paulus mag wohl gesagt haben, dass Gott alle Menschen retten will. Aber er kann es nicht so gemeint haben. Es sind so wenige, die gerettet sind, dass Gott nur einige wenige auserwählt haben muss für den Himmel. Beruhigt euch! Habt keine Eile: Gott rettet, wen Er retten will.“ Das sagen wir uns nun. Wir schieben es Gott in die Schuhe, dass das Evangelium nicht alle erreicht hat in den 80 Generationen während der 20 Jahrhunderte! „Wer kann sich gegen Gottes Willen erheben?!…“ ist nun unsere Theologie.
So beruhigten wir uns mit dem Glauben, dass Gott schon zufrieden sei mit dem, was wir aus Seinem Befehl gemacht haben: dass alles nicht so heiß gegessen werde, wie es gekocht worden sei. Dass Gott es anders gemeint haben müsse.
Aber Gott … Gott schaut immer noch verwundernd vom Himmel herab. Und weint. Weint. Weint, weil wir 1000 Theologien aus Seinem Wort machten, aber es nicht einfach ausführten, wozu es gesandt wurde.
„Und ich suchte unter ihnen einen [...], der [...] vor mir in den Riss treten könnte für das Land, damit ich es nicht zugrunde richte; aber ich fand keinen.“ – Hesekiel 22,30
Keinen? Ach, fände er einen, der in den Riss träte. Was würde Gott mit und durch diesen einen wohl tun!! Er würde alle anderen 99 von 100 „Gläubigen“ sitzen lassen und sich nur dem einen widmen, der gesagt hat: „Ja, ich gehe – koste es mir alles! – um wenigstens einige zu retten.“
Siegfried Korzonnek
Missionsleiter
[Leitartikel des Mitteilungsblatts „Echo“ des Missionswerks Bruderhand, Ausgabe Oktober – November 2024]
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