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Winkie Pratney

Bist du schon einmal verletzt worden? Warst du schon einmal verbittert? Dann bist du kein Einzelfall. Verletzung und Verbitterung sind ein weltweites Problem. Man wird in unserer Gesellschaft niemanden finden, der nicht schon einmal verletzt worden ist.

Sicher ist dieses Thema kein schönes. Da wir aber alle davon betroffen sind, sollte es umso mehr zur Sprache gebracht werden. Genau das tut der Autor in dieser Schrift.

Anhand einer einfachen Geschichte zeigt der Autor auf, wie Verletzungen entstehen, woran sie zu erkennen sind und wohin sie führen können. Anhand konkreter Schritte leitet er den Leser schließlich dazu an, aus der Verbitterung wieder herauszukommen. Denn es gibt eine gute Nachricht: Vergebung und Heilung sind möglich!

Hinweis: Diese Verteilschrift ist ausschließlich zur Weitergabe an Christen vorgesehen. Für evangelistische Zwecke bitten wir Sie darum, die Verteilschriften unter der Rubrik „Evangelistische Verteilschriften“ zu verwenden. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

12 Seiten, Best.-Nr. 107-0, Kosten- und Verteilhinweise


Verletzung und Verbitterung

Bist du schon einmal verletzt worden? Verletzung ist ein weltweites Problem. Man wird in unserer Gesellschaft niemanden finden, der nicht verletzt worden ist.

In den sechziger Jahren verübte ein junger Mann in einem New Yorker Stadtpark ein furchtbares Verbrechen. Ein alter Mann saß dort auf einer Bank und las die Zeitung. Da zog der 16-jährige Junge ein großes Schlachtermesser heraus und stach etwa 130 Mal auf den Mann ein. Er hörte erst damit auf, als die Polizei ihn von dem Körper wegriss. Natürlich wurde er verhaftet, und man versuchte herauszufinden, warum er das getan hatte.

Lange Zeit sagte der Junge kein Wort. Als er schließlich gefragt wurde: „Wer war denn dieser Mann?“, antwortete er: „Ich weiß es nicht.“ – „Und was hat er dir getan?“ – „Nichts.“ – „Hat er etwas zu dir gesagt?“ – „Nein.“ – Willst du etwa damit sagen, dass du auf einen völlig fremden Menschen losgegangen bist, der dir nichts getan und nichts zu dir gesagt hat, um ihn umzubringen?“ – „Mhm.“ Da wurde er ungläubig gefragt: „Aber warum hast du das denn getan?“

Der Junge sagte: „Wollen Sie es wirklich wissen? Nun, ich habe einen älteren Bruder. Der ist sehr geschickt, ein großer Sportler, sieht gut aus und ist begabt. Er ist alles das, was ich nicht bin. Meine Mutter sagt dauernd: ,Warum bist du bloß nicht so erfolgreich wie dein Bruder?‘ Aber ich weiß, dass ich nie berühmt werden könnte wegen meiner Begabung oder Intelligenz oder sonst etwas. Und da hab ich gedacht, wenn ich auf dem Weg nicht bekannt werden kann, dann auf einem anderen. So hab ich mir überlegt, was das Schlimmste wäre, das ich tun könnte, und hab’s dann getan. Jedenfalls wird meine Mutter sich jetzt an mich erinnern …“

Ähnliche Geschichten verletzter junger Leute kann man tausendfach anführen. Da schreibt mir ein kleines, achtjähriges Mädchen: „Können Sie mir helfen? Mein Vater hat immer ein Bild von meinem kleinen Bruder bei sich. Der ist vier Jahre alt und sieht Vati sehr ähnlich. Er hat auch ein Bild von meiner großen Schwester in seiner Brieftasche. Sie ist 15 und sehr hübsch. Nur mein Bild hat er nicht bei sich. Ich habe ihm ein Bild von mir gegeben. Ich habe es auch so zurechtgeschnitten, dass es wirklich in seine Brieftasche passt. Aber er hat es in eine Schublade gelegt. Was kann ich tun, damit Vati mein Bild bei sich trägt?“

Das sind Verletzungen, und sie ereignen sich jeden Tag. Manchmal sind kleine Kinder betroffen, manchmal ältere Menschen. Sie geschehen auf sehr verschiedene Weise, aber immer schmerzen sie sehr.

Verletzung ist eins der größten Probleme unserer Gesellschaft geworden. Man kann so tief verletzt werden, dass man völlig gefühllos wird. Mir haben junge Mädchen gesagt: „Ich bin zu oft verletzt worden. – Ich werde nie wieder jemanden lieben können. Das ist vorbei!“ Und dann wird man hart und zynisch. Das ist die eine Art, mit Schmerzen umzugehen – man zieht sich in sich selbst zurück, damit man nicht noch mehr verletzt wird. Die andere Möglichkeit besteht darin, zu Jesus zu kommen. Dann heilt Gott die Wunden und entfernt den Zynismus. Und dann kann man sich wieder öffnen und andere lieben.

Auch Christen können verletzt werden. Jesus wurde verletzt. Es ist nicht außergewöhnlich, verletzt zu werden, entscheidend ist, wie wir mit den Verletzungen umgehen. Das Problem der Verletzung ist an sich schon groß genug. Wenn man aber nicht richtig darauf reagiert, wird man zudem noch verbittert. Und am Ende ist es die Verbitterung, die dich kaputt macht, nicht die Verletzung.

Verletzungen erkennen

Es ist nicht besonders schwer, Verletzungen zu erkennen, vor allem, wenn bereits Verbitterung entstanden ist. Was kennzeichnet einen verletzten, verbitterten Menschen?

    1. Ein verbitterter Mensch interessiert sich nur wenig für andere.
    2. Ein verbitterter Mensch ist sehr sensibel und empfindlich. Wenn er beispielsweise einen Raum betritt, in dem sich zwei andere unterhalten, die bei seinem Eintreten leiser werden, denkt er: „Sie reden über mich.“
    3. Er entwickelt ein starkes Besitzdenken in Bezug auf seine wenigen Freunde. Er hat nur selten tiefe Freundschaften. Und er hat eine unnatürliche Angst davor, seine Freunde zu verlieren.
    4. Er neigt dazu, neue Bekanntschaften zu vermeiden.
    5. Er zeigt nur wenig oder gar keine Dankbarkeit.
    6. Er gibt gewöhnlich leere Schmeichelworte oder harte Kritik von sich.
    7. Er hegt Groll gegen andere oft über eine sehr lange Zeit hinweg. Es fällt ihm außerordentlich schwer zu vergeben.
    8. Er hat oft eine sture und mürrische Haltung.
    9. Er kann normalerweise nur schwer mit anderen teilen oder anderen helfen.
    10. Außerdem ist er starken Gefühlsschwankungen unterworfen – eben noch himmelhoch jauchzend, jetzt zu Tode betrübt.

Verbitterung – eine Saat der Hölle

Das Furchtbare an der Bitterkeit ist, dass sie nicht aufhört, sondern immer schlimmer wird. Sie beginnt vielleicht mit dem kleinen Samenkorn einer Verletzung. Aber es wächst und wird schließlich zu einer sehr gefährlichen Angelegenheit. „Achtet darauf, dass nicht jemand die Gnade Gottes versäume, dass nicht eine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und Unfrieden anrichte und viele durch sie verunreinigt werden“ (Hebr. 12,15). Frage: Verletzt Bitterkeit nur den, der verbittert ist? Antwort: Nein. Die Bibel zeigt, dass die Verbitterung eines Menschen viele andere verletzen kann.

In den sechziger Jahren arbeitete ich unter den Menschen auf der Straße und war manchmal bis zwei oder drei Uhr morgens unterwegs. Da trieben sich kleine acht- und neunjährige Kinder auf den Straßen herum. Ich fragte: „Was denkt denn dein Vater, wenn du so lange draußen bist?“ Antwort: „Ich weiß nicht, wer mein Vater ist.“ – „Ja, und deine Mutter?“ – „Die kümmert sich nicht darum. Es ist ihr egal, ob ich nach Hause komme oder nicht.“

Wie Verletzungen entstehen

Peters Geschichte

Um die ganze Problematik besser verstehen zu können, wollen wir uns einmal den typischen Verlauf von Verletzungen in unserer Gesellschaft ansehen. Viele der Verletzungen, die unser Leben prägen, beginnen in der frühen Kindheit und scheinen sich dann im Laufe des Lebens zu vervielfältigen und zu vermischen. Geschichten wie die folgende spielen sich tagtäglich viele hunderttausendmal ab. Die Einzelheiten sind unterschiedlich, aber der Schmerz ist der gleiche.

Peter wird bald acht, und sein Vater hat ihm versprochen, ihn an seinem Geburtstag zum Angeln mitzunehmen. Peter nimmt seinen Kalender und markiert seinen Geburtstag mit einem roten Leuchtstift. Dann beginnt er, die Tage zu zählen und abzuhaken. Sein Vater ist sehr beschäftigt und muss viele Dinge im Kopf haben. Deshalb erinnert Peter ihn alle paar Tage: „Denkst du daran, dass wir an meinem Geburtstag angeln gehen?“ – „Ja“, sagt der Vater, „wir werden sehr früh aufstehen, und dann nehme ich dich mit.“

Eine Woche vor dem großen Tag sagt der Vater zu seiner Sekretärin: „Ich habe einen ausgezeichneten Auftrag bekommen. Ich muss jetzt verreisen, um das Geschäft abzuschließen. Liegt in der nächsten Woche etwas Wichtiges an?“ – „Nein“, sagt die Sekretärin, „da ist sonst kein Termin, abgesehen von einem Geburtstag.“ Er sagt: „Ach ja, mein Sohn hat Geburtstag. Ich habe ihm versprochen, mit ihm angeln zu gehen. Nun, ich werde das ein anderes Mal machen, jetzt muss ich unbedingt das Geschäft abschließen. Kaufen Sie ihm bitte die teuerste Angelrute, die Sie finden können. Da wird er sich freuen.“

An seinem Geburtstag steht Peter um vier Uhr morgens auf. Sein Vater ist auch schon auf … aber er packt für seine Reise. Peter zieht seinen Angelanzug an und geht auf Zehenspitzen hinunter in den Flur. Da sieht er seinen Vater im Anzug, mit Aktenkoffer und Flugticket in der Hand. Er will gerade das Haus verlassen. Peter ist sicher, dass sein Vater sich geirrt haben muss. „Wo willst du hin, Vati? Wir gehen doch angeln!“ Der Vater sagt: „Ach, ich habe vergessen, dir zu sagen, dass es heute nicht geht. Aber wir werden ein anderes Mal angeln gehen. Weißt du, was ich dir gekauft habe? Hier, mach das mal schnell auf.“ – „Wir gehen nicht angeln?“, fragt Peter leise. Sein Vater antwortet: „Schau, wir können ein anderes Mal angeln gehen. Jetzt mach schnell dein Geschenk auf, ich muss gleich los.“ Langsam schlurft Peter zu dem Paket und starrt es lange an. Der Vater wird gleich sein Flugzeug verpassen. „Nun mach schon, ich kann nicht länger warten!“ Langsam beginnt Peter, widerwillig das Papier in kleinen Stückchen abzureißen.

Dieser Vorfall war nur einer von vielen während der vergangenen acht Jahre. Der Vater sagt: „Ich habe keine Zeit mehr zuzuschauen, aber wir sehen uns ja in einigen Tagen wieder.“ Er fliegt fort, und Peter lässt das Geschenk halb ausgepackt liegen. Er öffnet es nicht einmal.

Einige Tage später kommt der Vater wieder nach Hause, umarmt seine Frau und gibt ihr einen Kuss. „Hallo, Schatz, wie geht’s? Das Geschäft lief phantastisch. Es wird viel Geld einbringen. Wo ist Peter?“ Sie sagt: „Er ist in seinem Zimmer, er war die ganzen letzten Tage dort. Ich glaube, er hat ein Problem.“ Also klopft der Vater an die Tür … keine Antwort. Peter hat eine Mauer aufgebaut. Sie sieht so aus: „Du hast mir weh getan, deshalb verschließe ich jetzt mein Herz vor dir. Da werde ich dich nicht mehr hineinlassen.“ Unsichtbare Mauern.

Gott hat Kindern eine erstaunliche Fähigkeit gegeben, Verletzungen und Enttäuschungen schnell zu vergessen. Aber wenn sie immer und immer wieder verletzt werden, entwickelt sich der Schmerz zur Verbitterung, und dann werden sie es nicht mehr vergessen!

Der Vater fragt: „Na, wie hat dir das Geschenk gefallen?“ Peter: „Welches Geschenk?“ – „Hast du es denn nicht ausgepackt?“ – „Nein.“ Der Vater ist nicht gerade erfreut. „Weißt du, wieviel Geld ich dafür ausgegeben habe? Was meinst du, was andere Kinder für so etwas hergeben würden …“ Aber was geschieht in Peters Herzen? Die Liebe geht verloren. Er sagt sich: „Ich werde mich nicht bedanken, weil du mir wehgetan hast.“ Wer verbittert ist, verliert den Respekt und die Zuneigung gegenüber der Person, die ihn verletzt hat, und wird sehr, sehr undankbar.

Offene Rebellion

Es kommt aber noch schlimmer. Die Sache ist damit noch nicht zu Ende. Jetzt ist Peter 15 Jahre alt, und viele Verletzungen und Enttäuschungen haben sein Herz verbittert. Der Vater kommt von der Arbeit nach Hause. „Na, wie wär’s, wenn du das Geschirr spülen würdest?“ – „Wieso denn ich?“, klagt Peter. „Weil ich will, dass das Geschirr sauber wird.“ – „Warum kann denn nicht ein anderer das Geschirr spülen?“ – „Weil ich dein Vater bin und dir sage, dass du das Geschirr spülen sollst, darum.“ – „Immer muss ich das Geschirr spülen! Kann das denn in diesem Haus nicht mal ein anderer machen?“

Merkst du, was sich da im Innern abspielt? Seit Peter die Liebe und den Respekt gegenüber seinem Vater verloren hat, beginnt er, dessen Autorität abzulehnen. Der Vater denkt: „Ich muss hier die Zügel mal ein bisschen straffer ziehen. Schließlich sage ich, was gemacht wird. Wir werden in diesem Haus wieder etwas mehr Respekt einführen.“

So ergreift er härtere Maßnahmen. „Ich möchte, dass du den Rasen mähst. Wenn du das nicht tust, gibt es eine Woche lang Hausarrest.“ Aber Peter mäht den Rasen nicht. „Los, rauf in dein Zimmer! Diese Woche bleibst du oben.“

Die Woche geht vorüber. Am Samstagmorgen kommt Peter die Treppe herunter und versucht, schnell an seinem Vater vorbeizukommen, ohne gesehen zu werden. Er ist schon fast an der Tür, als sein Vater fragt: „Wo willst du hin?“ – „Raus“, murmelt Peter und beeilt sich, die Tür hinter sich zu schließen. „Komm sofort zurück!“, brüllt sein Vater. Und als Peter zurückgekommen ist: „Ich habe dir gesagt, dass du eine Woche lang nicht weggehst.“

„Heute ist Samstag. Die Woche ist vorbei“, antwortet Peter. „Die Woche ist vorbei, wenn ich es sage, dass sie vorbei ist!“ – „Meine Freunde warten draußen auf mich“, sagt Peter. „Heute wirst du sie nicht sehen. Du gehst jetzt in dein Zimmer zurück, bis ich dir sage, dass du herunterkommen kannst.“ Da fängt Peter an zu schreien: „Du kannst mich mal …“, schlägt die Tür zu und läuft weg.

Jetzt wird dem Vater klar, dass er es hier mit einem echten Problem zu tun hat. Es heißt „offene Rebellion“. Peter lehnt die Autorität seines Vaters ab und ist sein eigener Herr geworden.

Schlechte Gesellschaft

Nun ist Peter also sein eigener Herr. Aber irgendwie findet er es erschreckend und fühlt sich einsam. Deshalb sieht er sich nach anderen Leuten um, die auch herumhängen und ihr „eigener Herr“ sind. Sie haben alle etwas gemeinsam: Einsamkeit und Ablehnung der Autorität. Auf diese Weise entstehen Banden. Ihre Unterhaltungen hören sich ungefähr so an: „Mein Alter schlägt mich. Was macht deiner?“ – „Ja, der …“ – „Mein Alter macht’s genauso.“ – „Wirklich? Also mein Alter …“ Die Grundlage ihrer Beziehung ist gemeinsame Rebellion und gemeinsame Verbitterung. Sie brauchen andere Rebellen, um sich Mut zu machen. Eine Bande muss nicht unbedingt Hockeyschläger und abgesägte Gewehre mit sich herumtragen. Es kann sich auch um den örtlichen Fußballclub oder eine politische Gruppe handeln. Sie können die verschiedensten Dinge zusammen unternehmen – aber ihre gemeinsame Rebellion macht sie zu einer Bande.

Weil Peter nun sein eigener Herr ist, dem niemand etwas vorschreibt, kann er alles tun, was er will. So fängt er an, seine geheimen, negativen Begierden in die Tat umzusetzen. Und er beginnt auch, seine Schlechtigkeiten zu zeigen. Er hält sie nicht mehr geheim, sondern tut sie öffentlich. Aus geheimer sexueller Unmoral wird öffentliche sexuelle Unmoral, aus geheimem Drogenkonsum öffentlicher Drogenkonsum. Er beginnt, mit seiner Verdorbenheit zu prahlen und das zu verteidigen, wovon er weiß, dass es schlecht ist.

Nach Römer 2,1 fängt man dann an, mit dem Finger auf andere zu zeigen. „Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, der du richtest, wer du auch bist. Denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst; denn du, der du richtest, verübst ja dasselbe.“ Ich habe den eigenartigen Eindruck, dass viele soziale Protestbewegungen nicht aus Mitleid entstanden sind, sondern aus Bitterkeit! Wenn jemand mit seinem Finger auf viele andere zeigen kann, merken diese vielleicht nicht, dass drei seiner Finger auf ihn selbst gerichtet sind.

Das Ende der Geschichte

In 5. Mose 5, 16 steht die Aufforderung, die oft als „das Gebot mit einer Verheißung“ bezeichnet wird: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst und es dir wohlergehe.“ Da ist die Annahme sicher richtig, dass derjenige, der dieses Gebot missachtet, eben nicht lange lebt und es ihm nicht wohlergeht. Offene Rebellion und ständige Verteidigung falscher Handlungen haben genau das zur Folge, was die Bibel hier ausdrückt: ein kurzes und lausiges Leben.

So muss Peter jetzt extreme Gefühlsschwankungen erleben. In einem Moment Ekstase, im nächsten tiefe Depression. Er steigt hoch wie ein Drachen und stürzt dann wieder in einen Abgrund – immer auf und ab. Und er kann dabei selbst nicht verstehen, was in ihm vorgeht. Manchmal hat er das Gefühl, er werde wahnsinnig. Er kann nichts dagegen tun und sieht keinen Ausweg. So fängt er an, an Selbstmord zu denken. Selbstmord ist die letzte Äußerung der Selbstsucht. Der Gedanke lautet: „Ich werde die Welt bestrafen, indem ich mich umbringe. Ich werd’s ihnen zeigen!“ Ob Peter sich nun umbringt oder nicht – wenn er nicht Heilung und Wiederherstellung durch Jesus erfährt, wird sein schließliches Ende in jedem Fall sehr traurig sein. Die Selbstmordrate unter Jugendlichen in Deutschland nimmt seit den vergangenen Jahren drastisch zu. Und es begehen nicht nur Studenten und Abiturienten Selbstmord. Heute nehmen sich schon achtjährige Kinder das Leben!

Der Aktenschrank im Kopf

Wer verbittert ist, konzentriert sich darauf, was jener „schreckliche Mensch“ ihm angetan hat. Er legt sich einen „Aktenschrank“ an. Unter dem Namen der betreffenden Person steht dann: „Gemeine Dinge, die er mir angetan hat.“ Dieser Aktenschrank ist sehr groß, und immer, wenn ihn diese Person auch nur ein ganz klein wenig verletzt oder aufregt, wird die Sache unter die anderen Verletzungen eingereiht. Normalerweise haben wir mehr als einen solchen Aktenordner im Kopf.

Einer der Gründe für ständige Bitterkeit ist der Versuch, die eigene Schuld und die der anderen auszugleichen. Wir sagen: „Ich habe zwar Fehler gemacht, aber der andere ist schlimmer. Ich habe Grund genug, verbittert zu sein. Wenn du wüsstest, was er mir angetan hat …!“ So versuchen wir, unser Gewissen zu beruhigen.

Für viele Leute ist Bitterkeit ein Mittel, um Rache zu üben. Deshalb halten sie daran fest. „Dir werd ich’s zeigen. Das wirst du schon noch bereuen.“ Aber wer bereut zuerst? Du tötest damit dich selbst! Du bist nicht nur geistig und gefühlsmäßig verletzt, es betrifft auch deinen Körper. Verbitterung und Groll rufen oft die verschiedensten medizinischen Probleme hervor, z. B. Magengeschwüre oder Bluthochdruck. Leute, die eine tiefe Verbitterung mit sich herumschleppen, können nicht einmal ein Festessen genießen. Selbst während des Essens denken sie nur an die Person, die sie verletzt hat – es könnte ebenso gut Pappe sein, was sie da verzehren.

Bei einer Straßenversammlung kam einmal ein Mann mittleren Alters auf mich zu. Seine Augen waren rot und feucht, sein Bart etwa drei Tage alt, und er war betrunken. Er sah aus wie ein verlebter, heruntergekommener, hemmungsloser Trinker. Und er sagte zu mir: „Wissen Sie, mein Vater war ein verkommener Kerl. Er war ständig betrunken und trieb sich mit allen möglichen Frauen herum.“ – „Wirklich?“ fragte ich. Und als ich ihn ansah, sah ich seinen Vater. Er war wie sein Vater geworden. Selbst wenn du nicht dieselben Dinge tust, wie der, den du hasst, hast du doch dieselben Einstellungen, denselben Geist, dieselbe Lebensauffassung. Warum? Weil du immer über diesen Menschen nachdenkst. Man wird den Dingen, denen man ständig seine Aufmerksamkeit widmet, unweigerlich immer ähnlicher.

Aus der Falle der Verbitterung herauskommen

Hast du schon einmal das „Vater-unser“ gebetet? Weißt du, was darin gesagt wird? Da wird gesagt: „Gott, vergib mir, so wie ich anderen vergebe!“ Wenn Verletzung zur Verbitterung wird, liegt es daran, dass wir die Hilfe, die Gott uns in dem Moment der Verletzung anbietet, nicht in Anspruch nehmen. Jemandem vergeben heißt nicht, so zu tun, als sei man nicht verletzt worden. Das ist nicht christlich, das ist unsinnig! Du musst ehrlich zu dir selbst sein und zugeben, dass du tatsächlich verletzt worden bist. Aber wie bewältigt man dann Verletzung? Hier sind einige grundlegende Schritte:

1) Fertige eine Liste der Leute an, die dich verletzt haben! Das ist ziemlich einfach. Schreib dann unter jedem Namen alles auf, womit diese Person dich verletzt hat. Da steht dann z. B.: „Meine Eltern haben ihr Versprechen nicht gehalten.“ – „Sie haben anderen Familienmitgliedern mehr Liebe und Zuwendung geschenkt als mir.“ – „Mein Vater hat seine schlechte Laune an mir ausgelassen.“ – „Meine Frau will mich zu jemandem machen, der ich nicht bin.“ – „Mein Freund war nicht da, als ich ihn brauchte“, usw.

2) Fertige eine Liste der Dinge an, mit denen du andere verletzt hast! Das ist schwierig, weil wir uns an diese Dinge nicht so gut erinnern. Das wollen wir ja auch nicht. Etwas vom Schwierigsten dabei ist, die Schuld zwischen Eltern und Kindern wirklich zu klären. Hier könntest du Dinge aufschreiben wie „Faulheit“, „Undankbarkeit“ (Wann hast du dich das letzte Mal bei deinen Eltern bedankt?), „Betrug“ (Was hast du hinter ihrem Rücken getan, so dass sie misstrauisch wurden?), usw.

Es ist wichtig, diese Liste anzufertigen, damit du deine Fehler erkennst. Der Schlüssel zur Vergebung besteht darin, dass du erkennst, was du selbst getan hast. Wir neigen ja immer dazu, die Fehler anderer zu übertreiben und die eigenen herunterzuspielen. Wir stellen immer nur heraus, wie schlecht sie gewesen sind, und wie sehr sie uns getroffen haben. Wenn du Gott bittest, dir die Augen zu öffnen, wirst du etwas Interessantes feststellen: Du hast viele Menschen oft auf dieselbe Weise verletzt, wie du selbst verletzt worden bist.

3) Sieh dir genau an, wie du den HERRN verletzt hast! Wenn du die ersten beiden Listen erstellt hast, hast du die eigentliche Arbeit noch vor dir. Und die sieht so aus: Geh auf deine Knie und bitte Gott, dir zu zeigen, womit du IHN verletzt hast! Halte nicht an deinen Entschuldigungen fest! Das Blut Jesu Christi reinigt nicht von Entschuldigungen, sondern von Sünden.

Einer der wichtigsten Schlüssel, um fähig zu werden, anderen vergeben zu können und die Verbitterung vollständig loszulassen, liegt darin, folgendes zu verstehen: Gott weiß, wie es ist, tief, ganz tief verletzt zu sein, und doch hat ER nie mit Verbitterung, oder Groll reagiert.

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie sehr ER verletzt worden ist? Denke daran: Je besser du eine Person kennst, und je näher du ihr stehst, desto schmerzhafter ist es, wenn sie dein Vertrauen missbraucht oder dich irgendwie im Stich lässt – ob bewusst oder unbewusst. Und wer wäre deinen innersten Gedanken näher und könnte dich besser kennen als Gott? IHN kannst du daher tiefer verletzen als jede andere Person in der Welt.

In der Bibel steht: „Gott reute es, dass er die Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen“ (1. Mose 6,6). „Im Herzen bekümmert werden“ bedeutet wörtlich „nur schwer atmen können“. Gott hatte diese wunderbare Schöpfung gemacht, und nun erlebte ER, dass sich die Menschen nicht nur gegenseitig hassten und umbrachten, sondern dass sie auch IHN hassten. Und all dieser Schmerz ging tief, tief in SEIN Herz. Wir vergessen, dass Gott ein vollkommenes Gedächtnis hat. Wir sehen nur einen kleinen Teil. – ER sieht alles, ununterbrochen. Wir leben nur eine kurze Zeit. – ER lebt immer. Als Gott sich die Welt ansah, die ER ursprünglich als gut erschaffen hatte, da stöhnte ER vor Schmerz und Schrecken. Es tat IHM weh. Gott weiß tatsächlich, wie es ist, verletzt zu werden. ER macht jeden Schmerz mit durch, den ein Mensch erfährt! Vielleicht fragst du: „Wo war Gott, als das passierte?“ Ich will es dir sagen: ER war dabei und hat mehr gelitten als du!

4) Bete und bitte Gott und Menschen um Vergebung! Das ist nicht kompliziert, aber es kostet viel. Du musst erst einige Zeit für dich selbst einsetzen, bevor du anderen helfen kannst. Nimm die Listen, auf denen steht, wie du Gott und den anderen Menschen verletzt hast, und lass dich vom HERRN zerbrechen. Bitte Gott um Vergebung für eine Sache nach der anderen! Und wenn du damit fertig bist, nimm die Liste und zerreiß sie. Das ist ein schönes Gefühl. Du kannst sie auch verbrennen. Und dann ruf die Leute an, die du verletzt hast, und bitte sie um Vergebung – oder noch besser: besuch sie! Selbst ein Brief, in dem du schreibst, dass dir dein Verhalten leidtut, wird den Prozess der Heilung in Gang setzen.

Es gibt viele Möglichkeiten, der Person zu helfen, die du falsch behandelt hast. Wenn du dich darum bemühst, kannst du tatsächlich anfangen, dich um sie zu kümmern. Triff die richtigen Entscheidungen, die Gott dir zeigt, und du wirst merken, dass dann auch die entsprechenden Gefühle folgen werden. Wart’s ab!

5) Vernichte deinen Aktenschrank! Erinnerst du dich an die Liste der Dinge, mit denen andere dich verletzt haben? Öffne den Aktenschrank in deinem Kopf, nimm alle Akten heraus und wirf sie weg! Zerreiß die Liste und verbrenne sie! Du musst das alles an Gott abgeben! Vergebung heißt, den Aktenschrank vor Gott zu öffnen und alle Schuld wegzuräumen. „Ich werde es ihnen nicht mehr vorhalten. Ich will keine Aufzeichnungen darüber behalten.“ Keine Aufzeichnungen mehr! Das hat Gott bei dir getan. Du möchtest doch auch nicht, dass ER sich immer wieder an all die Schuld erinnert, wovon ER dich gereinigt hat, oder? Verhalte dich ebenso. In der Bibel steht: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Fehler vergebt, wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben“ (Matthäus 6,14–15). Du hast die Wahl. Du musst dich entscheiden, wie du auf Gottes Angebot der Vergebung reagieren willst. Was wirst du tun?

Winkie Pratney
© 1984 Last Days Ministries